04.03.24

Wie aus dem STANDARD-Redakteur ein realistisches "Hologramm" wurde

Die niederländische Firma Holoconnects sperrt Autos, Rezeptionsmitarbeiter und sogar Journalisten digital und lebensecht in eine Kabine

Die niederländische Firma Holoconnects sperrt Autos, Rezeptionsmitarbeiter und sogar Journalisten digital und lebensecht in eine Kabine

Doch in der Techbranche arbeitet man schon länger an der “ganzheitlichen” Telepräsenz. Sei es in Form von schnell konfigurierten “Metaverse”-Avataren bis hin zu teuren Hologramm-Installationen, wie sie für das spektakuläre, digitale Comeback des verstorbenen Rappers Tupac Shakur vor zwölf Jahren am Coachella-Festival aufgebaut wurden. Die beste Lösung, so findet allerdings das niederländische Unternehmen Holoconnects, liegt dazwischen.

Hier setzt man auf Geräte, die man “Holobox” getauft hat. Es gibt sie in zwei unterschiedlichen Größen und auch in erweiterbarer Form. Und in ihnen lassen sich Gegenstände, Autos und auch Personen lebensecht darstellen. Betrachterinnen und Betrachter bekommen von außen den Eindruck, als wäre praktisch jemand in dem Behälter, der an eine hypermoderne Telefonzelle erinnert, eingesperrt. Am Mobile World Congress lud man zu einem Praxistest ein. Und so wurde auch aus dem STANDARD-Redakteur hinter diesen Zeilen ein “Hologramm”.

Tiefen-Trickserei

Die Anführungszeichen haben einen Grund. Denn streng genommen ist ein Hologramm ein durch die Manipulation des Lichtfelds mit gezielten Interferenzen hergestelltes dreidimensionales Abbild. In einer Holobox allerdings steckt ein Bildschirm mit 4K-Auflösung. Dieser wird mit einer Aufnahme gefüttert – entweder live oder von einem Speicher –, für deren Produktion ein Studio-Kit mit einer Profikamera und Ausleuchtungsequipment zum Einsatz kommt.

In fernerer Zukunft, so erklärt Gründer und CEO André Smith im Gespräch mit dem STANDARD, denkt man auch eine “Tischversion” der Holobox an. Diese ließe sich dann für den Privatgebrauch auch mit Smartphone-Aufnahmen “füllen”. Die jetzigen Produkte sind allerdings für den Unternehmenseinsatz gedacht, und die großen Displays verlangen auch nach hochwertigen Aufnahmen.

Links: Die Live-Abbildung in der Holobox. Rechts: Der Redakteur vor der Kamera. (Zur farblichen Berichtigung der Abbildung wurde der rechte Bildbereich (Leinwand + Redakteur) nachträglich per Bildbearbeitungssoftware aufgehellt.)

Die Qualität des Videomaterials ist ein Baustein des räumlichen Eindrucks, den man beim Blick auf die Holobox erhält. Ein weiterer ist die Form der Box selbst. Aber auch bei der Abbildung selbst kommen auf technischer Ebene Tricks zum Einsatz, die man allerdings geheim hält. Vom Effekt her erinnert das Ergebnis jedenfalls an Googles Videotelefonie-Lösung “Project Starline”.

Bereits im Einsatz

Die Holoboxen sind aber im Gegensatz zu “Starline” bereits kommerziell im Einsatz. Zur Kundschaft von Holoconnects zählt etwa die Hotelkette Best Western, die ihren Gästen digitale Rezeptionistinnen und Rezeptionisten zur Beantwortung von Fragen zur Verfügung stellt. Modeketten nutzen sie zur Präsentation mit Kleidermodels, aber auch überdimensionale Bierflaschen oder ganze Autos wurden darin schon ausgestellt.

Auf 39.000 Euro belaufen sich die einmaligen Anschaffungskosten einer Holobox, dazu kommen 15.000 für das zugehörige Videostudio-Equipment. Mehr als 200 Firmen konnte man bereits als Kunden gewinnen, sagt Smith. Diese stammen aus unterschiedlichsten Branchen, reichend von der Werbeindustrie bis zum medizinischen Bereich.

Abseits einer handytauglichen Holobox denkt man bei Holoconnects auch an verschiedene andere Weiterentwicklungen. Anstelle einer Liveübertragung oder voraufgezeichneten Clips ließen sich die Boxen auch mit Aufnahmen von Personen bestücken, die per KI animiert und mit einer Stimme versehen werden – freilich unter Auflagen, die Missbrauch verhindern sollen. Das würde die Erstellung von “lebensechten” Chatbots ermöglichen.

Das “Hologramm” in der Nahansicht.

Beeindruckende Demo

Einmal eingerichtet, so wie am Holoconnects-Messestand, erscheint die Verwendung der Holobox tatsächlich wie ein Kinderspiel. Man stellt sich an geeigneter Position vor die Kamera und erscheint dann in der Box. In der Praxis wirkt dies trotz des eigentlich mit einer einzelnen Kamera eingefangenen zweidimensionalen Bildmaterials tatsächlich so, als stünde oder sitze man in selbiger drinnen.

Kombiniert mit dem weißen Studiohintergrund stünde so etwa einem plastischen Comeback der legendären Jony-Ive-Videos von Apple nichts im Wege. Ein Schönheitsfehler dieser Vorstellung ist freilich, dass der Hardwaredesigner schon länger nicht mehr für den iPhone-Konzern tätig ist. (gpi, 28.2.2024)

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